Ausstellung WILD
Wer ist WILD? Die Natur oder wir? Das Gebirge, unsere Seele? Der Genuss, die Leidenschaft oder überhaupt: die Anarchie? Die Ausstellung der Schlossmediale materialisiert philosophische und psychologische Fragen und macht vom Schlosskeller bis zur Turmzinne WILD begreifbar und begehbar, riechbar und essbar.
Im Zentrum der Ausstellung steht in diesem Jahr Künstler und Komponist im Fokus HEINER GOEBBELS: LANDSCHAFT 3 (DUISBURG-NORD) ist eine Audio- und Videoinstallation in meditativer Ruhe. Eine Schafherde tummelt sich in einer grossen dunklen Industriehalle, der Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg- Nord, umkreist von einem leuchtenden Zeppelin. Es ist der unerklärliche, beschauliche Blick auf eine fremde Landschaft, die doch gar keine ist – sondern nur Theater. Dieser Videoarbeit voraus ging das Musiktheaterstück «De Materie» (1989) des niederländischen Komponisten Louis Andriessen, das Heiner Goebbels für die Ruhrtriennale 2014 inszeniert hat.
Die drei STIPENDIATEN der Schlossmediale umkreisen das Thema WILD ganz real und als Metapher: mit furchterregenden Figuren und hölzernen Eiern, mit Bergschluchten, Fichtennadeln und tanzenden Tannenbäumen. PATRICIA LAMBERTUS (D) nimmt die Kostümierungen der Alemannischen Fastnacht sowie andere Schweizer Bräuche als Ausgangspunkt, um für das Schloss neue Fabelwesen zu kreieren, die das Wilde und Ungezähmte sichtbar werden lassen. Dicke Schichten von Fichtennadeln bedecken den Boden in PATRICIJA GILYTES (LT) Installation FENCE: Tannenbäume drehen sich um die eigene Achse, ihre Schatten verteilen sich im Raum. Eingerahmt werden die Projektionen durch reliefartige Aussparungen, die Bergschluchten ähneln. GEORG MANN (D) sammelt Treibholz und gibt diesem eine Form.
In FROM WITHOUT AND FROM WITHIN (THE AUROVILLE PROJECT) präsentieren die Künstler CHRISTOPH DRAEGER (CH) und HEIDRUN HOLZFEIND (A) das Ergebnis ihrer dreijährigen Recherche über die 1968 gegründete südindische Stadt Auroville und die dortigen Versuche, radikale, sozialutopische Ideen in reales Leben umzusetzen. Im Inneren einer goldenen Kuppel gibt das Video «The Auroville Archives» Auskunft über die Gründung der Stadt und die Ausgangsidee, für 50'000 Einwohner einen modernen Stadtstaat zu schaffen, in dem es keine Hierarchien, keinen Besitz, kein Geld und kein Gefängnis gibt, dafür aber Essen, Unterkunft und Kleidung für alle.
Der 14minütige Kurzfilm DER AUFTRAG (2017) von fischteich alias PETER KUNTNER (CH) und STEPHAN LICHTENSTEIGER (CH) führt einen Menschen aus der Zivilisation in die Wildnis. Das beschauliche Leben des Objektfotografen Grüngut nimmt eine einschneidende Wendung, als er von seinem Chef einen eiligen Spezialauftrag erhält: Er muss hinaus in die Natur, um Freizeitartikel in passender Umgebung abzulichten. Nach einem harten Tag im Wald zwingt ihn der Verlust seines Autoschlüssels, eine Nacht lang auf das Tageslicht zu warten...
«Die Grenze ist hier keine Linie, sondern ein Raum» heisst es im 2017 erschienen Bildband GREINA der Fotografin ANNE GABRIEL-JÜRGENS (D). Die auf rund 2000 Metern über dem Meeresspiegel gelegene Greina ist eine Hochebene, die das heutige Graubünden mit dem Tessin verbindet. Die tundraartige Landschaft war Teil eines der ältesten Handelswege über die Alpen. Sie wurde zu einem Sinnbild des Widerstandes gegen die hemmungslose Ausbeutung der Natur, als 1948/49 und 1985 wiederholt diskutiert wurde, dieHochebene mit einem Stausee zur Stromgewinnung zu überfluten. Landesweit protestierte die Bevölkerung gegen dieses Projekt und konnte diesen Kampf für sich gewinnen.
Duftende Kräuter, anregende Gewürze und pikantes Wissen für Leib und Seele – CARLA KIEFER (CH) verwandelt mit HILDES WILDE KÜCHE die Schlossapotheke in einen olfaktorischen, haptischen Entdeckungsort, an dem Riechen erlaubt und Anfassen erwünscht ist.
Acht Staubsauger und acht Akkordeons sind das Setting für die Installation BALGEREI (2015) von URBAN MÄDER (CH) und PETER ALLAMAND (CH). Die Instrumente wirken angeschlagen, ihr Zenit ist längst überschritten. Die Bälge der Instrumente atmen mit letzten Kräften stoisch durch. Die Staubsauger pumpen Luft in die Instrumente und das Ensemble gleicht einer schlafenden Horde wilder Tiere, die sich gegenseitig den lebensnotwendigen Odem spenden.
Ein Mann und eine Frau beim Essen. Dinner for two. Sie schwelgt lustvoll im Luxus des Geniessens, er hält sich zurück. Doch Bissen für Bissen erweckt ihre erotische Beziehung zur Völlerei auch seine Leidenschaft. Und dann passiert Erstaunliches... Der Kurzfilm HAUT UND HAAR (1998) der 1972 geborenen Filmemacherin BERYL SCHENNEN (D), wurde mit dem «Münchner Förderpreis für Film» ausgezeichnet.
Permanenter Teil der Ausstellung und immer nah an unseren Jahresthemen ist die Audiovideoinstallation TU MICH NICHT VERLASSEN (2009). In ihr bringt die in Grabs geborene, international bekannte Schweizer Künstlerin PIPILOTTI RIST Bettwäsche zum Leuchten.
VERANSTALTUNGEN
Freitag, 18. Mai
VERNISSAGE
20.00 Uhr
Samstag, 19. Mai – Sonntag, 27. Mai
AUSSTELLUNG
täglich geöffnet, die genauen Zeiten finden Sie in der →Programmübersicht!
Dienstag, 22. Juni
DIE STIPENDIATEN STELLEN VOR
18.30 Uhr, die Künstlerinnen und Künstler führen durch ihre Kunstwerke
KÜNSTLER
Heiner Goebbels
LANDSCHAFT 3 / LANDSCAPE 3 (DUISBURG-NORD)
Video- und Klanginstallation (2016)
Christoph Draeger, Heidrun Holzfeind
FROM WITHOUT AND FROM WITHIN (THE AUROVILLE PROJECT)
Installation (2017)
fischteich
DER AUFTRAG
Kurzfilm (2017)
Anne Gabriel-Jürgens
GREINA
Fotografien (2017)
Patricija Gilyte
FENCE
Installation (2017)
Carla Kiefer
HILDES WILDE KÜCHE
Installation (2017)
Patricia Lambertus
WHIP THE WIND
Installation (2017)
Georg Mann
KATZE IM SACK (Arbeitstitel)
Installation (2017)
Urban Mäder, Peter Allamand
BALGEREI
Installation (2015)
Beryl Schennen
HAUT UND HAAR
Kurzfilm (1998)
Pipilotti Rist
TU MICH NICHT VERLASSEN
Audiovideoinstallation, Dauerleihgabe (2009)