Künstlerin /Künstler im Fokus
Zimoun 2024
Mit einfachen und funktionalen Mitteln baut der Berner Künstler ZIMOUN architektonische Klangplattformen. Seine Installationen, die den mechanischen Rhythmus erforschen, werden aus alltäglichen Industrieobjekten geschaffen. Mit einfachen und funktionalen Mate- rialien spielen die Werke mit der Spannung zwischen den geordneten Mustern des Industriezeitalters und den chaotischen Kräften des Lebens, mit Ordnung und Chaos.
Seine Werke sind Klangarchitekturen, die auf den Prinzipien der Minimal Music beruhen, die aber gleichzeitig visuelle Landschaften sind. Obwohl Zimoun seine Installationen als Kompositionen im musikalischen Sinne begreift, greift er nicht aktiv in die Entwicklung ihres Klangs ein. Der Zufall und die Dynamik der Materialien selbst sieht er als skulptu- ralen und performativen Ansatz und nennt das Prinzip dieser Arbeiten «primitive Komplexität».
Zimouns Arbeiten werden weltweit ausgestellt. Das akustische Sirren und Klopfen der Naturphänomene in Zimouns minimalistischen Konstruktionen sowie ihre schlichte Schönheit haben eine emotionale Tiefe, die lange nachhallt. Für die Schlossmediale bespielt er die Wand des Turmkellers mit visuellem Klang und zeigt einige seiner kleinen, feinen, sirrenden und tickenden Objekte.
KÜNSTLERGESPRÄCH
Samstag, 18. Mai 2024, 14 Uhr
(Eintritt im Ausstellungsticket inklusive)
Ban Lei 2023
Ban Lei wurde 1990 in Shanghai, China geboren und lebt heute als Musiker, Klangkünstler und bildender Künstler in Genf. Bekannt ist er seit 2016 unter seinem Künstlernamen «BANBANBANBAN» auch als Soundartist. Interaktive Installationen, Klangskulpturen, selbstgebaute Instrumente und experimentelle Musik stehen im Zentrum seiner Arbeit. Mittels einer sich selbst steuernden, künstlichen Intelligenz versucht Ban Lei, «neue (Klang)-Dimensionen» jenseits der uns bekannten zu erschaffen.
Ban Leis Forschung konzentriert sich auf die innere Logik des Klangs, wenn dieser eine nichtsprachliche Form annimmt. Seine Werke erreichen ein gewisses Mass an Ausgewogenheit durch das Experimentieren mit den Materialien selbst sowie durch methodische Ergänzungen und Streichungen.
Seine selbstgebauten Instrumente erscheinen als skulpturale Ensembles im Raum: Durch Aufführung und Interaktion erzeugen sie ein stilles Einverständnis zwischen Autor und Betrachter. Als Symbol für die filigranen Apparaturen, die er speziell für die diesjährige Schlossmediale entwickelt hat, stehen die Schriftzeichen ⽊⾳ (Holz/Klang) und ⻛林 (Wind/Wald). Indem er aus dem, was die Natur in ihrer einfachsten Form zu geben hat, Musikinstrumente entwickelt, hofft Ban Lei, aufzeigen zu können, wie man mit zukünftigen Herausforderungen umgehen kann.
Roman Signer 2022
Roman Signer, geboren 1938 in Appenzell, ist ein Schweizer Künstler von Weltrang, der bis heute in der Ostschweiz heimisch ist. Seine Aktionen sind Legende, seine internationalen Ausstellungen zahllos. Signer hat die Skulptur revolutioniert: Für seine Mischung aus Installation und Aktion, für das Sichtbarmachen von Prozessen und die Entmaterialisierung der Form wurde der Begriff der «Zeitskulptur» erschaffen.
Ein wiederkehrendes Thema in Signers Werk ist das Spiel mit den Elementen – und den Prozessen und Transformationen, die diese auslösen. Es sei die Wandlung von Materialien, Energien und Zuständen, die ihn interessiere, sagt Signer: «Ich arbeite nicht mit der romantischen Natur – schönen Steinen, Blumen oder Landschaften –, sondern mit ihren Kräften: Wasserkraft, Windkraft, Hitze.»
Und dann ist da noch Signers Sinn für Humor. Mit einem untrüglichen Gespür für Absurdes, Verblüffendes, Unterhaltendes wird Alltägliches in einen neuen Kontext gerückt: Signer lässt Skihütten ins Tal donnern, packt Modellhubschrauber in Christbaum-Netze oder verlegt eine brennende Zündschnur entlang der Bahnlinie von seinem Geburtsort Appenzell bis nach St. Gallen.
WILLIAM SPEAKMAN & SABINE HAUSHERR 2021
Auch als Künstler im Fokus steht in in diesem Jahr ein Team im Zentrum: Der britisch-holländische Künstler William Speakman und die Schweizer Choreographin Sabine Hausherr schaffen mit ihren Projekten an der Grenze von Tanzperformance und Installation eine einzigartige Verbindung von Raum und Bewegung. Speakmens Installationen sind stets körperlich wahrnehmbare Orte und Räume, die sich einen direkten Weg in das Bewusstsein der Zuschauer suchen. Choreografie und körperliches Geschehen, Bühnenraum und Musik verschmelzen in den Werken der beiden zu einem Ganzen: Das Publikum ist ganz vom Kunstwerk umgeben und erlebt dessen Wirkung unmittelbar.
Im Schloss definieren Speakman und Hausherr Dimensionen von Enge und Weite neu: mit Räumen als Hüllen, klaustrophobischen Kleinsträume, beruhigenden Schutzräumen. In einem Video wird eine Unterwasserwelt gespiegelt: der Mikrokosmos wird zum Makrokosmos.
Die Sprache von Sabine Hausherrs Choreographien ist geprägt von minimaler Bewegung, Enge und Klaustrophobie. Für die Performance «Insideout Upsidedown» wird eine grosse Box ins Schloss gebaut, in die sich die Tänzerinnen quetschen werden: nach einem Jahr Corona-Erfahrungen ein physisch fast unerträgliches Erlebnis. Das Publikum kann diese Enge mittels Live-Film miterleben.
Marion Steiner 2019
So häufig fand man ihren Namen in den letzten Jahrzehnten in Theaterprogrammen und Besetzungslisten, dass sie für viele beinahe der Schweizer Inbegriff von Kostümgestaltung ist: Von der bildenden Kunst fand Marion Steiner einst zum Kostümbild, und seit vielen Jahren ist sie freischaffend für Theater, Oper, Film und Fernsehen tätig. Die Badenerin ist ein Theatermensch par excellence: Sie verfügt über ein breites Wissen, bezieht ihre Inspirationen aus unterschiedlichsten Bereichen und ist stets neugierig auf alles, was andere so auf die Bühne bringen.
Doch nicht nur die die kreative Seite ihres Berufs gehört zu Steiners Handwerkszeug: Von 1995 bis 2010 leitete sie die Kostümabteilung des Theaters St. Gallen, war verantwortlich für Planung, Einkauf, Organisation und Budgetierung.
Und weil Kostüme nicht nur mit Kleidern Leute machen, sondern auch Ideen körperhaft erstehen lassen, wird sie das Schloss mit allegorischen Figuren und Kostümskizzen zum Thema GOLD bevölkern. Sie wird Stroh zu Gold spinnen, Midas Tochter erstarren lassen und das Edelmetall mit all seinen Assoziationen zwischen Gier und Neid, Treue und Träumen, Wert und Konsum stofflich greifbar machen.
Heiner Goebbels 2018
Heiner Goebbels ist ein Künstler, der sich nicht um die Schubladen der E- und U-Musik schert, der sich in seiner Kreativität keine Grenzen setzt oder setzen lässt. Goebbels macht Musik visuell erlebbar, komponiert nicht nur in Noten, sondern auch in Bildern - und ist daher Künstler und Komponist im Fokus der Schlossmediale zugleich.
Bei Goebbels' Kompositionen aus Klang und Musik, Licht und Raum, Bewegung, Objekten, Texten und Stimmen liegt der Gedanke an Wagners einst revolutionäre Idee von der Verschmelzung der Künste zwar nahe; dennoch zielen Goebbels' Arbeiten nie auf eine – wie auch immer geartete – «Totalität der Sinne» ab: Nicht verbinden sollen sich die Künste, sondern ausdrücklich im gleichen Raum koexistieren. Sie sollen miteinander auftreten, sich widersprechen und sich aneinander reiben. Mit dieser Herangehensweise an das Theater hat der 1952 in Deutschland geborene Musiker und Komponist seit dem Ende der 1980er Jahre den Horizont für ein zeitgenössisches Musiktheater fast im Alleingang abgesteckt.
Je nach Fokus des Stücks verwendet Goebbels für seine Arbeiten verschiedene Bezeichnungen: Ob «Musiktheater», «szenisches Konzert» oder «performative Installation» - immer trennt er die Mittel und gibt ihnen auf der Bühne einen eigenen Raum, wo sie wahrgenommen, gehört und gesehen werden können. Keine konventionellen Konzerte erlebt das Publikum bei Goebbels Werken, sondern die Musik wird regelrecht inszeniert.
Bruno Walpoth 2017
Bruno Walpoth stammt aus der Tradition der Holzschnitzkunst des Grödnertals in Südtirol. Schon sein Grossvater und sein Onkel widmeten sich diesem Handwerk. Walpoth folgte ihrem Vorbild, schuf aber eine aus der Tradition heraus weiterentwickelte, eigenständige Kunstform: Seinen Werken innewohnend ist die stete Frage, wie und wann das Kunsthandwerk hinüberwandert in die unberechenbare Welt des Kunstmarktes.
Walpoth kreiert menschliche Skulpturen aus Holz. Seine Figuren erscheinen oft wie tief in Gedanken versunken, geistesabwesend, verloren in einer eigenen Welt. Ihre physische Anwesenheit lässt Nähe zu, mit ihnen in direkten Kontakt zu treten ist dennoch kaum möglich: Es ist als würden sie die mittelbare Konfrontation scheuen, sie weichen aus, lassen Interaktion nicht zu. Versucht man den Gemütszustand der Figuren zu beschreiben, so ist es trotz ihres offenen Blicks schwer zu sagen, ob es sich um ein konzentriertes Schauen oder eher um Gleichgültigkeit handelt.
Seine Menschen aus Linden- oder Nussholz entstehen in Begegnung und Auseinandersetzung mit Modellen. Im Massstab 1:1 arbeitet Walpoth Körper, Linien und Formen aus dem Holzblock heraus. Dabei integriert er bewusst die strukturellen Unebenheiten der Hölzer und verbindet so Mensch und Natur in einer gemeinsamen Form. Dabei entsteht kein hyperrealistisches Abbild des Menschen: Gesichtszüge und Körperformen der Figuren entsprechen zwar jenen der Modelle, charakteristische Eigenheiten nimmt Walpoth in seiner skulpturalen Nachahmung jedoch stark zurück.
www.walpoth.com
Anne-Marie Jehle 2016
Anne-Marie Jehle (geboren 1937 in Feldkirch, gestorben 2000 in Vaduz), Objektkünstlerin, Installationskünstlerin, Zeichnerin, Fotografin, Malerin, trat in ihrem umfangreichen und komplexen Werk gesellschaftskritisch an Aspekte des Alltags heran und reflektierte Phänomene der Macht. Sie setzte sich intensiv mit Identität, Geschlechtergerechtigkeit und Rollenbildern auseinander, mit dem Privaten als Kernbereich menschlicher Existenz und dem damit verwobenen weiblichen Alltag.
Jehle widmete sich ab 1965 ausschliesslich der Kunst. In ihrem Oeuvre finden sich Referenzen zu Dada und Surrealismus. Mit den VertreterInnen des Nouveau Réalisme und der Fluxusbewegung stand sie schon sehr früh in Verbindung. Von 1989 – 93 USA-Aufenthalt, ihr künstlerisches Werk bricht jäh ab. 1993 – 2000 wieder in Liechtenstein wohnhaft.
A.M. Jehle - um Determinierungen und Projektionen vorzubeugen signierte sie stets geschlechtsneutral - war eine präzise Beobachterin des traditionell katholisch-konservativen Umfelds in ihrer Heimat Vorarlberg. Sie nahm sich die heiklen Themen vor, das gesellschaftlich Verdrängte und Tabuisierte ihrer Zeit, das sie künstlerisch verdichtete und humorvoll, voller bissiger Ironie offenlegte.
Ein durchgängiges Leitmotiv ist ihre sarkastische wie melancholische Auseinandersetzung mit dem Frausein im Kontext von perfektem Heim und geschmücktem Haus. Eine Frankennote erhält eine Umrandung in Häkelspitze, eine blecherne Küchenschürzenskulptur symbolisiert den statischen Platz der Frau an dem ihr zugewiesenen Ort, eine Genie-Waschmittelpackung versieht sie mit Stilettoabsätzen, aus einem Notenständer und Fragmenten eines Plastiknadelbaums baut sie einen mit Polaroidporträts behangenen Christbaum.
Daniel Wetzel 2015
"Wir drei von der Dokumentartheatergruppe Rimini Protokoll sind einander Ende der neunziger Jahre beim Studium am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Giessen begegnet und haben begonnen, gemeinsame Fragestellungen und Ideen in Projekten zu verfolgen. Es gibt da seit jeher verschiedene Arbeitstraditionen und -linien, die wir weiterverfolgen. Deshalb sind wir weniger eine Gruppe oder ein Ensemble oder so etwas, sondern versammeln unsere Arbeiten unter einem gemeinsamen Dachbegriff, einem Label, wie wir es nennen. In der Musik geht es ja auch oft darum, welche unterschiedlichen Werke unter demselben Label versammelt sind. Dieser Logik folgend laufen alle unsere Arbeiten unter diesem Label - egal, ob sie nun von einem einzelnen verantwortet werden, wie EVROS WALK WATER, oder ob wir alle drei daran beteiligt sind.
Der Begriff Protokoll ist uns dabei wichtig als ein Gegenentwurf zum Drama - denn das Protokoll ist eher eine Mitschrift als eine Schöpfung bzw. ist es ein Text, der die künftige Abfolge von Ereignissen organisiert. Beides trifft unsere Arbeitsweise besser - auch wenn gerade im Bereich dessen, was gesagt wird, ab einem bestimmten Punkt häufig sehr präzise gearbeitet wird.
Rimini hat drei i -Laute. Da kommt der Klang zum programmatischen Begriff. Was machen wir so? Dem hier gegebenen Raum entsprechend sag ich mal salopp: Wir folgen Fragestellungen mit Recherchen, Gesprächen, Beobachtungen und versuchen, einen Umgang mit dem, was wir gefunden haben, für Zuschauer so zu organisieren, dass sie damit ihre eigenen Erfahrungen machen. Das heisst, wir haben die vergangenen 15 Jahre vor allem mit Menschen gearbeitet, die mit Kunst sonst wenig am Hut hatten, und mit ihnen Formate erarbeitet, die sich im Kunstkontext behaupten." Daniel Wetzel
Lucy Carter 2014
Als bildende Künstlerin steht dieses Jahr Lucy Carter im Rampenlicht. Seit vielen Jahren international als Lichtdesignerin tätig, hat sie sich in der für Frauen untypischen und von Männern dominierten Welt der Bühnentechnik mit ihren gigantisch-poetischen Lichtobjekten und ihrer visionären Sprache durchgesetzt. Die ausgebildete Tänzerin war schon früh von den Lichtchoreografien fasziniert: «I think lighting kind of chose me.»
Carter hat hauptsächlich in den Bereichen Theater, Musiktheater und vor allem Tanz – mit dem Choreografen Wayne McGregor – gearbeitet. 2008 erhielt sie den prestigeträchtigen «Knight of Illumination Award for Dance». Seit kurzem entwirft Carter vermehrt Installationen, die ohne eine Performance nur für sich stehen. Licht ist für Carter eine Quelle der Inspiration, so wie auch die Frauen, die in ihrem Leben einen ewigen Kreislauf der Unterstützung geformt haben. F.FLUX, ein Auftragswerk der Schlossmediale Werdenberg, steht für die umfassende, immerwährende und befähigende Kraft, die Frauen mit, von und für Frauen erleben.
Jonas Burgert 2013
«Er ist auf dem Weg, einer der bedeutendsten Deutschen Maler zu werden», schrieb «DIE ZEIT» über Jonas Burgert, der mit seinen monumental opulenten Bildräumen voller Intensität und Dynamik das Auge herausfordert. Im Zentrum von Burgerts Schaffen stehen der Mensch und sein Bedürfnis nach existenzieller Selbstreflexion.
Seine fantastischen Welten, manchmal verstörenden Szenarien inszeniert Burgert mit traditionellen Mitteln der Malerei: Figuration, Konstruktion eines Bildraumes, Farbe, Komposition wie auch Anleihen klassischer Ikonografie und Symbolik. Immer klingen auch Vanitas-Motive an.
Einzelne Bildsequenzen innerhalb eines Gemäldes fügen sich bei Burgert nie zu einer übergeordneten Erzählung zusammen. Vielmehr geht es ihm um ein Klima, eine intersubjektive Atmosphäre, die im Bild angelegt ist und sich über die Sprache der Malerei dem Betrachter mitteilt. Ein Bild soll nach Burgert nicht gedacht, sondern empfunden werden. So auch die burlesken Theatercharaktere und surrealen Fabelwesen, die während der Schlossmediale die alten Gemäuer des Palaskellers bevölkerten.
Chris Drury 2012
Chris Drury lenkt den Blick auf vorgegebene, jedoch verborgene Strukturen der Natur, gibt dem Unsichtbaren ein Gesicht, indem er es neu gestaltet und dann wieder in seine Urform zurückkehren lässt. In seinem kontinuierlichen Dialog mit der Welt involviert der Künstler auch Wissenschaftler und Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen, um somit die Korrelationen unseres Planeten mit jeder Arbeit Schicht um Schicht aufzudecken. Für die «Schlossmediale Werdenberg» realisierte der Gewinner mehrerer Kunstpreise zwei Arbeiten im Inneren des Schlosses und eine im unmittelbaren Aussenbereich.
«In meiner Arbeit versuche ich, Verbindungen zwischen Kontext, Ort und Material herzustellen, wobei ich alle Mittel benutze, um komplexe Ideen zu verkörpern. Im Schloss Werdenberg verwendete ich Pilze, weil sie eine Spur von Lebensprozessen darstellen. Pilze können dich ernähren, umbringen, heilen. Sie sind die grossen Wiederverwerter der Natur – sie verwandeln tote Materie zurück in Erde, in der wiederum neue Pflanzen wachsen. Pflanzen geben uns Sauerstoff und ernähren uns.»